Zum 31. Dezember 2022 lag der Flächenumsatz am Stuttgarter Büromarkt bei rund 300.000 Quadratmetern. Damit war er nahezu doppelt so hoch wie im Jahr zuvor (157.200 Quadratmeter) und bewegte sich wieder auf Vor-Corona-Niveau. Insbesondere Eigennutzerdeals spielten dabei eine maßgebliche Rolle. Die Leerstandsquote erhöhte sich von 3,2 Prozent im Vorjahr auf 4,3 Prozent. Dies entspricht einem Flächenangebot von etwa 364.000 Quadratmetern und einem Plus an kurzfristig beziehbarer Bürofläche von 1 Prozent.
Obwohl ein scheinbarer Normalzustand aus dem Jahr 2019 wieder erreicht ist, haben sich die Voraussetzungen grundlegend verändert: Die Flexibilisierung der Arbeitsplätze durch die Pandemie und der durch den Ukraine-Krieg verursachte Energiepreisschock haben als Katalysator für die Themen Arbeitsplatzausstattung und Energieeffizienz gewirkt und die ESG-Nachhaltigkeitskriterien in den Fokus gerückt. Dies geht aus dem aktuellen Stuttgarter Büromarktbericht der E & G Real Estate und der Wirtschaftsförderung der Stadt Stuttgart hervor.
Der größte Umsatz des Jahres entfiel auf den unternehmenseigenen Campus der Allianz SE in Stuttgart Vaihingen mit rund 65.000 Quadratmetern, gefolgt von einer Anmietung der Komm.ONE – einer IT-Dienstleisterin für die Kommunen in Baden-Württemberg: Sie mietete zirka 21.500 Quadratmeter in Stuttgart-Weilimdorf an. Beim drittgrößten Abschluss handelte es sich um einen rund 21.400 Quadratmeter umfassenden, bereits im ersten Quartal erfolgten Eigennutzerdeal der Ed. Züblin AG.
FINANZDIENSTLEISTUNGSSEKTOR MIT HÖCHSTEM FLÄCHENUMSATZ
Der Finanzdienstleistungssektor verzeichnete im vergangenen Jahr den größten Flächenumsatz. Allerdings war dies hauptsächlich dem Baubeginn des neuen Allianz-Campus in Stuttgart-Vaihingen mit rund 65.000 Quadratmetern zu verdanken. Weitere rund 7.300 Quadratmeter entfielen auf einen Neubau der Württembergischen Gemeinde-Versicherung a. G. (WGV) an ihrem Hauptsitz in der Stuttgarter Innenstadt.
Wie in den Vorjahren spielte die öffentliche Hand als Zweitplatzierte beim Flächenumsatz erneut eine wichtige Rolle. Hierzu trugen vor allem die Anmietung der Komm.ONE in Weilimdorf über gut 21.500 Quadratmeter sowie des Amts für Digitalisierung mit etwa 9.500 Quadratmetern bei.
An dritter Stelle beim Flächenumsatz rangierten Unternehmen der Medien- und Kommunikationsbranche. Auch hier war ein Großvertrag ausschlaggebend, nämlich das Neubauvorhaben des Sparkassenverlags über 20.000 Quadratmeter im Gewerbegebiet Möhringen.
GROSSE EIGENNUTZERDEALS
Die Anzahl der abgeschlossenen Verträge spiegelte eine dynamische Nachfrage wider. Nach dem Umsatzeinbruch der letzten beiden Jahre nahm die Nachfrage der Unternehmen nach Büroflächen wieder deutlich zu; bei 42 Prozent der Abschlüsse handelte es sich um Eigennutzerdeals. Durch die beiden Abschlüsse der Eigennutzer Allianz und Sparkassenverlag wurde der höchste Flächenumsatz im südlichen Teilmarkt Vaihingen/Möhringen erzielt. Insgesamt lag der Umsatz hier bei etwa 122.000 Quadratmetern. Es folgten die Stuttgarter Innenstadt mit rund 54.700 Quadratmetern und die City mit rund 41.200 Quadratmetern. Aufgrund ihrer innerstädtischen Lage gehören diese Areale nach wie vor zu den gefragtesten Standorten, denn viele Firmen legen Wert auf ein urbanes Umfeld für ihre Mitarbeitenden. Dies spielt eine wesentliche Rolle bei der Mitarbeitergewinnung. Neben dem Standort, der gute infrastrukturelle Bedingungen bieten soll, stehen bei Anmietungsentscheidungen die Büroqualitäten mehr denn je im Vordergrund. Die Firmen möchten ihren Beschäftigten einen attraktiven Arbeitsplatz bieten, der in Zeiten hybrider Arbeitsformen Raum für kreativen Austausch und persönliches Zusammentreffen gewährt.
RIESENSPRUNG BEI DEN MIETEN
Im Vergleich zu den moderaten Steigerungen der vergangenen Jahre machte die nachhaltig erzielbare Spitzenmiete im Vergleich zum Vorjahr einen Sprung von satten 32 Prozent nach oben. Die kommenden und teilweise bereits im Bau befindlichen Neubauprojekte in der Stuttgarter City liegen aktuell bei Angebotsmieten zwischen 30,00 Euro/Quadratmeter und 35,00 Euro/Quadratmeter. Wegen der nach wie vor großen Nachfrage nach hochwertigen Büroflächen in der Stuttgarter City und dem relativ knappen Angebot in diesem Bereich sowie den gestiegenen Baukosten lassen sich Neubauflächen hier unter 30,00 Euro/Quadratmeter kaum noch realisieren. In den umliegenden Teilmärkten stiegen sowohl die Spitzenmieten als auch die Durchschnittsmieten ebenfalls merklich an.
„Die Landeshauptstadt Stuttgart will ein starker Wirtschaftsstandort, ein lebenswerter Wohnort sowie ein nachhaltiger und zukunftsorientierter Investitionsstandort bleiben, der weiterhin profitabel ist“, sagt Bernhard Grieb, der die Wirtschaftsförderung der Stadt leitet. „Dies kann nur gelingen, wenn alle Akteurinnen und Akteure mit der Zeit gehen und verstärkt Nachhaltigkeitsaspekte berücksichtigen. Der damit verbundene Transformationsprozess hat auch für den Büromarkt in Stuttgart und der Region bedeutende Auswirkungen: Neue Officekonzepte und ökologische Büroimmobilien mit kurzen Wegen mittels ÖPNV und Fahrrad erfreuen sich größter Beliebtheit. Deshalb unterstützt auch die Stadtverwaltung Unternehmen bei ihrer Standortentwicklung und stellt mit dem Portal www.roomstr.de eine Plattform zur Verfügung, um Angebot und Nachfrage schnellstmöglich zusammen zu bringen.“
„Der Faktor Energie hat 2022 – bedingt durch den Krieg – einen Stellenwert eingenommen, mit dem niemand gerechnet hat. Daher wird in Zukunft die Frage der Nebenkosten und der Effizienz eines Gebäudes eine der dominierenden Fragen werden“, ergänzt Ulrich Nestel, Leiter Bürovermietung bei E & G Real Estate. „Hinzu kommen rechtliche Verschärfungen in Bezug auf Nachhaltigkeit, die Reduzierung benötigter Flächen durch Homeoffice sowie eine Zunahme smarter Technologien. Wer hier klug und vorausschauend agiert, wird sich am Markt behaupten können“, so Nestel. Für das Jahr 2023 prognostiziert E & G Real Estate einen Flächenumsatz von 250.000 Quadratmetern.